05.01.2013 / Thüringer Allgemeine

Weimarer Orakel 2013 (Kultur): Hellmut Seemann, Präsident der Klassik Stiftung zum 150. Geburtstag des oft vergessenen Architekten im April (Auszug): 

[...] Ich denke, auch Henry van de Velde, der Held des Kulturjahres in Weimar, ist sehr typisch für diese Zeit (1913/14 Anm. Red).

Er lebt vollkommen in seiner wunderbaren Welt des neuen, des freien, des nicht mehr durch irgendwelche Stilvorgaben gebundenen Schaffens. Er entwirft in Thüringen wunderbare Häuser, wunderbare Geschirre, aber er hat keine Ahnung, was unmittelbar bevorsteht und es sollte ihn sehr hart treffen. Denn er war Belgier, lebte hier in Weimar und war plötzlich über Nacht ein feindlicher Ausländer.

Der Mann hat ungeheuer viel für Weimar getan. Er hat Gebäude errichtet, in denen dann das Bauhaus fünf Jahre später, also nach dem Desaster des Ersten Weltkrieges, seine Arbeit beginnen sollte.

Henry van de Velde ist die große Johannesfigur für den Beginn der Moderne in Weimar. Als er Weimar 1917 verließ, sagte er, wenn ihr mal wieder einen braucht, dann nehmt den Gropius.

Und tatsächlich - zwei Jahre später gründete Walter Gropius in Weimar das Bauhaus. Van de Velde ist wirklich derjenige, der die Moderne nach Weimar gebracht hat und deswegen tut die Klassik Stiftung sehr gut daran, diesen Mann im Jahre 2013, im Jahr seines 150. Geburtstages, ein sprichwörtliches Denkmal zu errichten, denn er ist vielfach immer wieder vergessen worden [...]