Für Architektur-Kenner ist es der Geheimtipp: Haus Schulenburg Gera. Knapp eine Autostunde von Weimar entfernt liegt am Stadtrand von Gera das Landhaus, das Henry van de Velde 1913/14 für den Kunstsammler Paul Schulenburg und seine Familie entwarf. Es gehört zu den letzten, aber wohl schönsten Arbeiten des Künstlers und Architekten in Deutschland.

Henry van de Velde (1863-1957) war um 1900 der Shooting-Star unter den europäischen Gestaltern. Er führte maßgeblich die Revolution gegen den historisierenden Geschmack des ausgehenden 19. Jahrhunderts und formte, beeinflusst durch die europäische Avantgarde in Brüssel, Paris und London sowie japanische und amerikanische Kunst, den „Neuen Stil“.

„Vernunftgemäße Schönheit“, „Bedürfnisse des modernen Menschen“, „Materialgerechtigkeit“, „die Form – Resultat aus Funktion und modernen technischen Möglichkeiten“ waren die Prinzipien des belgischen Architekten und Designers. Henry van de Velde legte mit seinen Visionen unter anderem den Grundstein für den Bauhaus-Welterfolg.

Für die Schulenburg-Familie gestaltete Henry van de Velde nicht nur das Wohnhaus mit Garage und kleineren Anbauten, sondern auch die Innenräume mit zahlreichen Details: Möbel, Lampen. Gitterwerk, Teppiche, Stoffmuster, Silbergegenstände. Den Garten fügte er als Erweiterung des Hauses nach außen harmonisch in die Gesamtkonzeption ein. Als Henry van de Velde fertig war hatte er mit 4000 durchgestylten Quadratmetern Fläche ein Gesamtkunstwerk geschaffen, das heute weltweite Bedeutung findet. Nach einer wechselvollen Geschichte, kurz vor dem Verfall, aber gerade noch rechtzeitig genug hatten Rita und Volker Kielstein Haus und Grundstück1996  erworben und beides bis heute nach den originalen Bauplänen wiederhergestellt.

Im Laufe seiner Nutzung wurde das Haus mehrfach in seiner Raumstruktur verändert. Das Ergebnis der Rekonstruktion seit 1997 ist die vollständige Wiederherstellung des Bauwerks, der Außenanlagen, der Innenräume, einschließlich der Farbgestaltung und zum Teil der Möblierung, deren Genauigkeit verblüfft.