von Elke Lier / otz / 22. Januar 2015

Gera. "Ich heiße Monado Ebisawa, bin Architekturhistoriker in Japan. Zur Zeit studiere ich die Villenbauten von Henry van de Velde. So interessiere ich mich für das Haus Schulenburg in Gera sehr. Für meine Forschung sammle ich die Kopien der Zeichnungen seiner Villenbauten wie Grundrisse oder Schnitte." So beginnt der Brief aus Tokio. Er lag im Dezember 2014 in der Post von Haus Schulenburg .

Natürlich säumte Volker Kielstein, Hausherr von Haus Schulenburg und Verehrer Henry van de Veldes, keine Sekunde, der Bitte des Japaners nachzukommen, mit der dieser seinen Brief schloss: "So möchte ich Sie darum höflich bitten, mir einen Rat zu geben, wie man die Pläne und Information vom Haus Schulenburg erhalten kann."

Volker Kielstein stellte sich ihm als inhaltlich Verantwortlichen für die sachgerechte Rekonstruktion seit 1997 vor und übersandte Originalpläne des Hauses als Datei, eine Ausarbeitung über die Buchgestaltung van de Veldes, eine Magisterarbeit über Haus Schulenburg und Broschüren über Rekonstruktion und Inneneinrichtung. Er informierte, dass sich im Haus Schulenburg ein Henry van de Velde-Museum befindet mit einer weltweit wichtigen Sammlung von Buchgestaltungen van de Veldes und Originalliteratur über ihn. Und er schrieb: "Ich freue mich über Ihr Interesse und die Gelegenheit, mit einem japanischen Wissenschaftler über van de Velde in Kontakt zu kommen. Van de Velde empfing ja wesentliche Anregungen aus Japan." Im Januar kam ein Brief Monado Ebisawas zurück: "Als Dank für Ihre ganz freundliche Unterstützung schicke ich Ihnen kleine Geschenke aus Japan. Es sind traditionelle Tücher, deren Muster vielleicht etwas dem Jugendstil-Element ähnlich ist."

Volker Kielstein und seine Mitarbeiter packten schmale Baumwolltücher in kräftigem Altrosa und mit rot-grünen Blüten auf weißem Grund aus. Sogenannte Tenugui, im alten Japan als Handtücher verwendet und in besonderer Färbetechnik hergestellt. Mittlerweile haben die Tenugui, was übersetzt Hände abwischen bedeutet, Multifunktionalität und Kultstatus erworben und gelten als beliebtes Souvenir. Ihr Einsatzspektrum reicht vom Staub- und Sonnenschutz, Tischdecke, Einstecktuch für Essstäbchen, Stirnband bis hin als "Ersatzbadehose", wie Volker Kielstein lachend meinte, der sich sehr über dieses originelle Geschenk freute. In dem Zusammenhang verweist Kielstein auf den Japanhändler Siegfried Bing (1838-1905). Der deutsch-französische Kunsthändler beeinflusste durch den Handel mit japanischem Kunsthandwerk und Büchern die europäische Kunst grundlegend. Seine Pariser Galerie "Salon de lArt Nouveau" ließ er teilweise von van de Velde ausstatten. Im Haus Schulenburg in Gera findet sich die berühmte Publikation Bings "Artistic Japan" mit Abbildungen von Damengewändern, die dem Dekor auf den Handtüchern von Monado Ebisawa aus Tokio sehr ähneln. Die Tücher erhielten im Haus einen Ehrenplatz im Tagungsraum der Europäischen Vereinigung der Freunde van de Veldes. Sie pflegt Kontakte in den USA, Großbritannien, Belgien, Frankreich, Schweiz, Polen, Niederlanden, Italien, Norwegen und nun auch in Japan.