von Elke Lier / 8.7.2011/ OTZ / Gera
 
Morgen Abend (9.Juli)  ist Premiere im historischen Garten der Villa Schulenburg mit dem BRD-Kultfilm Moral 63. OTZ im Gespräch mit Initiator Dr. Volker Kielstein und Li Erben, die Nadja Tiller fotografierte. 
 
Gera. Mit dem BRD-Kultfilm "Moral 63" startet morgen Abend das Sommer-Kino im Haus Schulenburg. 

Das kultur- und gastfreundliche Haus lädt erstmalig in den vielleicht "schönsten Open-Air-Kinosaal" ein, wie es in der Ankündigung heißt. An drei Wochenenden verbindet sich die Romantik des Jugendstils mit dem Charme des deutschen Films der 60-er Jahre. 

Aus dieser Zeit und der Zusammenarbeit mit den Hauptdarstellern des Films "Moral 63" Nadja Tiller und Mario Adorf kann morgen Set-Fotografin Li Erben berichten. Die in Zwickau und Paris lebende bescheidene Künstlerin hat die Stars internationaler Filmgeschichte vor und hinter den Kulissen fotografiert. Sie erinnert sich an ihre erste Begegnung mit Nadja Tiller: "Ich war von Produzent Rolf Thiele zu diesem Film der Salzfilmproduktion geholt worden. Damals wurde man empfohlen . Nein , so ein junges Ding, ich will meinen alten Fotografen wiederhaben", rief Nadja Tiller, als sie mich sah. Ich bat sie, erst die Ergebnisse meiner Arbeit anzuschauen, dann könnte ich immer noch gehen. Später war sie begeistert, ich durfte sie auch beim nächsten Film Schloss Gripsholm fotografieren. " 

Übrigens ist ein Standfoto Li Erbens von Nadja Tiller aus "Moral 63" das Logo ihrer Ausstellung im Haus Schulenburg, durch die die vielseitige Fotografin 19 Uhr persönlich führen wird. 

Im Film"Moral 63" wird die Moral der besseren Gesellschaft der aufstrebenden Bundesrepublik als Doppelmoral entpuppt. Der Film kam 1963 in die Kinos und provozierte mit seiner frechen Satire. 

Dr. Volker Kielstein, Initiator des 1. Sommerkinos, erinnert sich an diese Zeit, als er in Magdeburg und Jena studierte: "Die Filme der 60-er Jahre widerspiegelten die kritische Aufbruchstimmung in der Bundesrepublik. Natürlich umschwärmten wir alle unsere Filmidole, aber diese Filme prägten bei uns auch ein positives Bild von der BRD, zeigten sie doch, dass öffentliche Kritik möglich ist." 

"Wir Wunderkinder", der 1958 unter Regie von Kurt Hoffmann produzierte Film wird die zweite Retrospektive bundesdeutscher Filmgeschichte im Sommerkino sein. Er beeindruckte Dr. Kielstein besonders: "Dieser Film setzt sich mit menschlichen Verwerfungen in politischen Situationen auseinander. Kaisertreue, Nazimitläufer, Ja-Sager unter jeder neuer Regierung früher sagte man, dass einer den Mantel nach dem Wind hängt. Das gleiche Phänomen erlebten wir 1990 mit den Wendehälsen noch einmal. Der respektlose Umgang mit dem Zeitgeist macht für mich auch ein halbes Jahrhundert später noch den Reiz der Wunderkinder aus." 

Einige Mühe hat es das Organisationstalent Dr. Kielstein gekostet, die Filme zu beschaffen: "Es war schwierig, weil ein großer Teil der ehemaligen Filmproduktionen aufgelöst war, andere Firmen die Rechte gekauft hatten. Diese aufzuspüren, brauchte es viel detektivische Hartnäckigkeit für einen Laien wie mich. Bis auf Moral 63, wo uns der Verleiher den Film freundlicherweise kostenlos zur Verfügung stellte, ist das Verleihwesen eine ziemlich kostspielige Angelegenheit."

Im dritten Film werden "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull" nach einem unvollendeten Roman von Thomas Mann dem Geraer Filmpublikum offenbart. 

Im Haus Schulenburg freut man sich auf viele Besucher morgen Abend. Bevor gegen 21.30 Uhr die Comma-Fachleute den Film starten, wird der Garten mit Kerzen und Fackeln illuminiert sein, Jazzmusik versetzt in Sommerlaune. 

Und dann gibt es ein Wiedersehen mit Nadja Tiller und Mario Adorf beide ganz jung.