von Elke Lier / otz / gera / 15. Januar 2014

Anneke Seley, Volker Kielstein

"Hier lebt mein Urgroßvater weiter!" So freute sich Anneke Seley aus den USA nach dem Besuch von Haus Schulenburg in Gera. Auf Einladung der Klassik Stiftung Weimar begibt sie sich in Weimar, Chemnitz und Gera auf Spurensuche.

Man nahm den Kaffee im gemütlich warmen Musikzimmer von Haus Schulenburg. Anneke Seley aus dem US-Staat Kalifornien, Urenkelin Henry van de Veldes, war am Dienstag Gast in dem Haus, das ihr Urgroßvater 1913 im Auftrag des Geraer Textilfabrikanten Paul Schulenburg errichtet hatte. "Hier entdecke ich meinen Urgroßvater neu, hier wird sein Erbe liebevoll bewahrt , hier lebt er weiter." Das war das begeisterte Fazit der 55-jährigen Besucherin nach einem zweistündigen Rundgang durch die Villa.

Anneke und ihr Andenken an Anne

Auf Einladung der Klassik Stiftung Weimar waren zwölf Nachkommen des Künstlers im Van-de-Velde-Jahr 2013 in die Bauhausstadt eingeladen worden. Sabine Walter, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Stiftung, informiert: "Frau Seley und ihr Mann sind die Ersten, die kamen." Das weit gereiste Ehepaar hatte sich zuvor in Weimar im Haus Hohe Pappeln, im Nietzsche-Archiv, im Bauhaus-Museum sowie in Chemnitz in der Villa Esche und im Haus Körner auf Spurensuche van de Veldes begeben.

"Als Kind hörte ich in der Familie nur wenig von dem berühmten Urgroßvater", sagt Anneke, die den Vornamen ihrer Großmutter Anne, der dritten und jüngsten Tochter Henry van de Veldes, trägt. Während des Zweiten Weltkrieges wurde Anne Houweninge mit ihrem Mann und drei Kindern in Niederländisch-Indonesien von den Japanern als feindliche Ausländer in einem Lager interniert. Anne stirbt 1944 in Surabaya an Unterernährung. "Ihre drei Kinder, darunter meine Mutter Nele überlebten, waren aber von den Erlebnissen so traumatisiert, dass sie wenig von der Vergangenheit sprachen." Als Andenken an Mutter, Großmutter und Urgroßvater zeigt Anneke Seley einen silbernen Anhänger, eine Arbeit van de Veldes. Auch Volker Kielstein, Hausherr von Haus Schulenburg, berichtet von seiner Kindheit in Gera und seiner Bewunderung für Haus Schulenburg. "Da war ein Gefühl, das mich immer wieder zu diesem Haus hinzog."

Anneke Seley ließ sich von ihm und seiner Frau berichten, wie die Villa wieder in den ursprünglichen Zustand zurückgeführt wurde. "Wie haben Sie nur all diese Gegenstände, die Bücher, die Möbel, die Tapeten gefunden?" fragt sie beeindruckt. Kielstein berichtet von detektivischer Suche, Zufällen, seiner riesigen Korrespondenz, aber auch von Unterstützern, die weltweit mit Hinweisen helfen, oder von den Nachkommen der Familie Schulenburg, die manches großzügig aus Privatbesitz zur Verfügung stellten. "Das alles ist van de Velde, das alles ist Ihr Urgroßvater", dokumentiert Volker Kielstein dessen Universalität an den ersten Entwürfen van de Veldes für Buchdesign über Baupläne für Haus Schulenburg bis zur hohen Funktionalität des schlichten, eleganten Möbels und der frohen Farbigkeit seiner Teppiche und Tapeten.

Und er bedauert die noch dunkle, kühle Jahreszeit. "Den Garten müssen Sie unbedingt noch erleben", lädt er zu einem Folgebesuch ein. Den verspricht Anneke Seley. Beschenkt mit Broschüren, Flyern und Karten, auch für die Arbeitskollegen in San Francisco, bedankt sich van de Veldes Urenkelin im Gästebuch: "Ich habe gerade einen wunderbaren Nachmittag im Haus Schulenburg in Gera verbracht und viel über meinen Urgroßvater Henry van de Velde gelernt. Dank den Gastgebern für den warmen Empfang und die großartige Führung."